Neuer Karrieremechanismus – neue Chancen für Frauen?
Weil der Karrieremechanismus im Zuge des Umbruchprozesses in den Unternehmen sich verändert, muss Karriere heute grundsätzlich neu gedacht werden. Die traditionelle Kaminkarriere mit funktional und von den Führungskräften individuell geprägten Entscheidungen gilt nicht mehr. Die Rotationskarriere ist an ihre Stelle getreten. Sie erfordert den Wechsel zwischen verschiedenen Funktionen und Geschäftsbereichen und bietet dabei die Möglichkeit, Karriere lebensphasensensibel zu gestalten. Die Auswahl der KandidatInnen wird nicht mehr ausschließlich den einzelnen Führungskräften und ihren persönlichen Vorlieben überlassen. Sie folgt nun stärker definierten Standards, wird professioneller und sachlicher. Dies bietet die Chance, eine Auswahl nach sozialen Ähnlichkeiten einzuschränken, die dazu führt, dass Männer vorrangig Männer wählen. Und: Das zentrale Karrierekriterium ist nicht mehr die Dauer der Betriebszugehörigkeit, sondern die Fähigkeit, sich öffentlich zu positionieren. Nicht zuletzt die damit zunehmende Bedeutung kommunikativer Kompetenzen könnte Frauen eher entgegenkommen. Die Chancen für Frauen, die in den Bausteinen des neuen Karrieremechanismus enthalten sind, realisieren sich jedoch nicht von allein:
„Unsere Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass die weitreichenden Veränderungen in den Unternehmen, die einen neuen Karrieremechanismus formen, nicht automatisch zu mehr Geschlechtergerechtigkeit bei den Karrierechancen führen. Die Hoffnungen, die in der Genderforschung auf dem Wandel der Arbeit als ‚Türöffner’ für die Karrierechancen von Frauen lagen, haben sich nicht erfüllt. Geschlechtliche Ungleichheit ist weiterhin in die Bausteine des Karrieremechanismus in je spezifischer Weise eingeschrieben. Sie kommt in den ‚Lücken’ des Versachlichungsprozesses bei der Personalbewertung und Karriereauswahl sowie in der Definition der Bewertungskriterien zur Entfaltung; sie zeigt sich in den Bewährungsproben der öffentlichen Exponierung in männerdominierten Strukturen ebenso wie in den Konstruktionsprinzipien einer Karrierewelt, die soziale Verantwortlichkeiten negiert. Das Geschlecht als Selektionskriterium macht sich mit den Veränderungen auf neue Weise in den Unternehmen geltend.“ (Aus dem Forschungskapitel: Bultemeier/Boes, S. 160)
Der neue Karrieremechanismus bietet zwar neue Anknüpfungspunkte für eine erfolgreiche Gestaltung der Karrierechancen von Frauen, aber ungesteuert könnte der Umbruchprozess in den Unternehmen die Risiken für Frauen sogar noch erhöhen.
Bultemeier, A.; Boes, A. (2013): Neue Spielregeln in modernen Unternehmen – Chancen und Risiken für Frauen. In: A. Boes; A. Bultemeier; R. Trinczek (Hrsg.): Karrierechancen von Frauen erfolgreich gestalten. Analysen, Strategien und Good Practices aus mod-ernen Unternehmen, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 95-165.
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