Frauen in Karriere
Frauenkarrieren erfolgreich gestalten: Eine Chance für die Unternehmen

Um das brachliegende Potenzial der Frauen zu nutzen, bedarf es eines ganzheitlichen Gestaltungsansatzes in den Unternehmen. Vereinzelte Maßnahmen – hier ein paar neue betriebliche Kinderbetreuungsangebote, dort eine Weiterbildung zur Gendersensibilität – verpuffen, wenn sie nicht in eine Gesamtstrategie eingebettet sind. Dabei gilt es am gegenwärtigen Umbruch in den Unternehmen und hier insbesondere an den Veränderungen im Karrieremechanismus anzusetzen:

„Als Leitorientierung für die Gestaltung der Karrierechancen von Frauen lässt sich festhalten: Der Wandel zum ‚Unternehmen 2.n’ muss ins Zentrum gestellt und im Sinne eines kollektiven Lernprozesses zur konsequenten Modernisierung der Organisation und Aufhebung der geschlechtlichen Ungleichheit aktiv gestaltet werden.“ (Boes/Lühr, S. 206)

Dazu hat das Forschungsteam ein „Referenzmodell der Veränderung“ entwickelt, das den Unternehmen bei der Festlegung einer eigenen Veränderungsstrategie Orientierung geben soll. Seine Grundlage ist die Vernetzung verschiedener Akteure zu einem „Kraftzentrum“, das sowohl in den „Zentren der Macht“ verankert ist als auch eine soziale Eigendynamik im Unternehmen erzeugt. Orientierende Zielwerte für die Förderung von Frauen sollten etabliert und in den einzelnen Unternehmensbereichen umgesetzt werden. Dies könnte einen Wettbewerb zwischen den Abteilungen initiieren, in dem diese dann ihre Lernerfahrungen verallgemeinern können.

Ausgehend von einem solchen Kraftzentrum könnten Unternehmen den Wandel des Karrieremechanismus gezielt steuern. Die ForscherInnen nehmen dabei drei Handlungsstränge in den Blick:

Verfügbarkeitserwartungen ändern: Die Führungskultur im Management muss sachlicher und professioneller werden und deutlich machen, dass Verfügbarkeit keine Leistung ist. Die Verfügbarkeitsanforderungen müssen so gestaltet sein, dass Karriere für Menschen mit sozialen Verpflichtungen möglich ist. Die Gretchenfrage, ob Unternehmen dieses Problem ernsthaft angehen, ist das Thema „Führen in Teilzeit“.

Auswahlverfahren versachlichen: Um das Potenzial des neuen Karrieremechanismus mit seinen versachlichten Entscheidungsprozessen zu verwirklichen, die verhindern, dass Frauen wegen ihrer sozialen Andersartigkeit benachteiligt werden, kommt es vor allem darauf an, bereichsübergreifende Talentpools zur Besetzung von Karrierepositionen zu etablieren. Diese sollten nach einheitlichen Kriterien und auf der Basis kollektiver Entscheidungen besetzt werden. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, nicht einen bestimmten Karrieretypus, zum Beispiel den „durchsetzungsstarken Macher“, zu favorisieren, sondern bewusst auf Diversität zu setzen.

Karrierewünsche wecken: Karrierewünsche von Frauen bleiben oftmals im Verborgenen. Deswegen müssen Unternehmen sie gezielt wecken. Dabei kommt es vor allem auf die Modernisierung der Rahmenbedingungen an, um tradierte Verhaltensweisen zu verändern. Konzepte zur Veränderung der Verfügbarkeitskultur und zur Versachlichung der Entscheidungsprozesse sollten deswegen an erster Stelle stehen. Darüber hinaus ist insbesondere die gendersensible Gestaltung der Beurteilungs- und Potenzialgespräche von zentraler Bedeutung. Führungskräfte müssen verstehen lernen, dass Frauen anders Karriere machen als Männer. Vor allem aber müssen Potenzialgespräche ausgeweitet werden auf Frauen mit Familie, in Teilzeit und Beschäftigte, die älter als 40 Jahre sind.

Die nachhaltige Gestaltung des Wandels zum „Unternehmen 2.n“ ist somit der wichtigste Hebel, um Frauenkarrieren zu ermöglichen. Sie bietet aber darüber hinaus allen Beschäftigten neue Chancen: Work-Life-Balance für Frauen und Männer, die Reduzierung des Burn-out-Risikos bei Führungskräften, eine neue Umgangskultur, die auf lebendigem Austausch basiert und nicht auf der Dominanz von „Alpha-Männchen“, sowie die Förderung des Besseren statt des Leidensfähigeren: Dies sind nur einige Beispiele für Ziele, die nicht nur Frauen dienen, sondern Unternehmen als Ganzes in die Zukunft führen können.

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Boes, Andreas; Lühr, Thomas (2013): Karrierechancen von Frauen erfolgreich gestalten – Good Practices der Veränderung. In: A. Boes; A. Bultemeier; R. Trinczek (Hrsg.): Karrierechancen von Frauen erfolgreich gestalten. Analysen, Strategien und Good Practices aus modernen Unternehmen, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 198-227.

 

 

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